Wo der Geheimrat sich rumtreibt

Nein, ich schreibe nicht aus Italien, was ja auch zu seinen bevorzugten Reisezielen zählte und dieser Beitrag u.a. auch von Wein handelt. Johann Wolfgang von Goethe wurde exakt 200 Jahre vor mir geboren.  (Und die paar differenten Monate spielen nun wirklich keine Rolle) Es war der 28. August 1749 , als der große Deutsche das Licht der Welt erblickte. Natürlich auch in Frankfurt! Sonst haben wir beim besten Willen nur noch die leicht überdimensionierte Nase gemeinsam. Im Gegensatz zu mir, wird JoWo an diesem Riechorgan auch sehr schnell erkannt.

Ich bin nicht in Italien, ich lungere in der Heimat herum. Man kennt die Nachbarschaft ja viel zu wenig. Wiesbaden, Hessens Landeshauptstadt, Kurstadt mit Flair, Regierungssitz und -viel wichtiger- das Tor zum Rheingau wollte ich mir vornehmen. Bei der Gelegenheit auch gleich noch im Hofladen meines Vertrauens in WI – Frauenstein etwas Obst zukaufen. Damit mir das niemand vor der Nase wegschnappt, war das mein erstes Ziel. Mit dem Motorrad war ich unterwegs und hatte keinen Plan und keinen Zeitdruck. Goethe hatte es so ausgedrückt: „Man reist ja nicht um anzukommen, sondern um zu reisen!“ So gondelte ich fast im Kriechgang die Straße entlang, die sonst wenig Beachtung  findet. Vermeintlich kennt man sich. Die Landschaft des sich langsam verjüngenden Tales zieht an mir vorbei.  Kasiserwetter. Das hätte dem Herrn Geheimrat sicher auch so gefallen.

Gleich am Ortseingang hatte mich eigentlich schon immer der Schilderwlad an einem Weinberg interessiert.

Vielleicht genmanipulierte Trauben? Vor dem Verzehr wird so vielleicht gewarnt? Völlig falsch, Uffnik, total daneben. Bei diesem Weinberg wurden unzählige Rebsorten aus ganz Europa angebaut. Die passenden Legenden und auch allgemeine Informationen dazu auf den Tafeln.

Neben den bekannten einheimischen Sorten,

wachsen hier wirklich exotisch anmutende Trauben wachsen hier ihrer Reife entgegen.
„Der europäische Weinberg“ wird der Wingert genannt. Und passender kann man es auch gar nicht formulieren. Die wichtigsten Weinbauregionen Europas sind mit ihren Weinstöcken vertreten.

Als ich noch so den Gesamteindruck in mich aufsaugte, viel mir ein Denkmal (?) auf, das den gesamten Ort (ich entschuldige mich bei der Wiesbadener Bevölkerung) überragt. Um es gleich noch anzufügen, Frauenstein hat es sehr wohl verstanden sich sich den ländlichen Charakter zu bewahren. Wenn man die vielen Hofläden, Weinbauern, Obstzüchter sieht, die hier ihrer Berufung nachgehen, mutet das noch dörflich an. Auch wenn man zur Landeshauptstadt Hessens gehört, echte Wiesbadener sind die Frauensteiner, die nur durch einen Bergrücken von der pulsierenden Kurstadt getrennt sind, wohl nicht.

Aber was ist das nun für ein Denkmal? Für die Gefallenen 14-18? Ich hielt beherzt einen kleinen Trecker an, der gerade daherfuhr. Überrascht hielt der Fahrer an und gab bereitwillig und überaus freundlich Auskunft. Über den Steinhaufen auf dem Berg, wie man am schnellsten dort hin gelangt, den Weinberg, die Reben, die Frauensteiner und deren Verhältnis zu…. 😉 Na toll, das steht in keinem Wikipedia, was man so alles erfährt. Der gute Mann lief zu einer beachtlichen Form auf. Aber er hatte es wohl eilig. Schon nach einer guten Viertelstunde hastete er mit seinem Traktor wieder von dannen.

Mit reichlich Infos versehen, setzte auch ich meine Fahrt fort. Mein Ziel sollte das alles überragende Denkmal sein. Schnell vorher noch meine Bestellung im Hofladen aufgeben – und schon ging es weiter. So weit, ich gebe es unumwunden zu, bin ich noch nie in den Ort vorgestoßen. 30 km/h sind erlaubt. Ich glaube nicht, daß ich so schnell unterwegs war. Sonst hätte ich bestimmt nicht den Turm


entdeckt, der zwischen Häusern und Bäumen zu mir herunterlugte. Auf felsigem Grund erbaut,

überragt das Bauwerk ganz Frauenstein. Keine Chance an diesem beeindruckenden Bau vorbei zu kommen. Also wieder absteigen, Helm ab, schwere Lederjacke aus, Kamera auspacken und die steilen Stufen der Treppe (neueren Jahrganges) hinauf.

Die angrenzende Mauer, wie selbst der Turm auch, sind mit tollen Quarzblöcken errichtet, die offenbar aus dieser Gegend stammen. Vielleicht machen die ja das Besondere an den hiesigen Weinen aus? Eisen im Gestein ergibt den rostigen Charakter.

Sieht ja richtig wertvoll aus. Oben angekommen,

suche ich vergebens ein Hinweisschild, eine Tafel mit Daten und Fakten. Also gut, vielleicht hilft ja das WWW auch hier weiter. Und tatsächlich werde ich fündig. Ein Verein kümmert sich um die älteste Burg Wiesbadens aus dem 12. Jahrhundert und deren Erhalt.  Leider war der Zugang gesperrt. Niemand rechnete hier mit einem Uffnik.

Aber der Ausblick war auch ohne das Erklimmen der letzten Zinnen nicht zu verachten.

Der Ort kuschelt sich in das Tal. Etliche sehr gut erhaltene und renovierte Fachwerkhäuser sind im alten Ortskern noch zu sehen. Die zweifelthafteste Architektur kann wieder einmal den Banken zugesprochen werden. Deren Architekten es immer wieder und überall verstehen, störende Akzente zu setzen.

Der neuere Teil von Frauenstein befindet sich entlang der Straße in die Hauptstadt. Diese Richtung mußte ich nun einschlagen, wollte ich mein eigentliches Ziel erreichen. Also weiter, runter, rein in die Klamotten und die Fahrt in Richtung Nürnberger Hof fortsetzen. Folgt man den Hinweisschildern, hat man es bald auch schon geschafft. Moped auf dem Parkplatz des Ausflugslokals abstellen und die restlichen Höhenmeter durch Weinberge zurücklegen. Es wurde warm. Motorrad-Stiefel sind für alles Mögliche gut. Aber keinesfalls zum Laufen. Kein Wölkchen wagte es, bayerische Anleihen hier einzubringen. Es blieb einfach bei nur blau.

Fast geschafft eröffnete sich über den Weinbergen ein fantastischer Blick. Zur Linken lag Wiesbaden im Sonnendunst.

Der Blick folgt dem Rhein.

Die beiden rivalisierenden Landeshauptstädte Mainz und WI nur durch den Rhein getrennt. Der Grenzübertritt war aber problemlos möglich. Neuerdings verzichtet man sogar auf Personenkontrollen. Mit einer Ausnahme: auf der ein- oder anderen Brücke wird schon mal ein Foto gefertigt, sollt man den Regeln der Geschwindigkeit nicht genügend Respekt zollen.

Aber was ist denn jetzt mit dem Denkmal? Es brauchte nur noch wenige Meter und das Ziel war erreicht.

Ein paar Stufen noch und man weiß mehr.

Es ist also der Goethe-Stein, der hier alles so überragt.

Zitat Goethe: Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.

Inzwischen wird das Firmament leicht umgestaltet. Einige harmlose Deko-Wölkchen zieren das Bild.

Und wieder läßt sich der Blick über die Weinberge in das Rheintal genießen.

Und wer immer noch nicht genug hat, der kann den in der Nähe befindlichen Aussichtsturm besteigen, der einen Blick über das Blätterdach des umgebenden Waldes erlaubt.Es wird aber Zeit. Ich muß zurück. Meine Bestellung wartet. Noch einige Blicke links und rechts – man wird ständig fündig.

 

Etwas zu spät entdeckte ich noch Beiträge von einem Gourmet, auf den ich aber gerne hinweise.

Auch Frauensteiner Kirschen hatten es ihm angetan. Oder waren es doch die Kirschensteiner Frauen? Wir halten es ihm einfach mal als Bonus zugute, daß er wirklich nur an den künstlerischen Fähigkeiten -worin die auch immer bestanden haben mögen-  der Frolleins interessiert war.

Goethe verstarb am  22. März 1832 in Weimar.

Johann Wolfgang ist immer und überall.

Wieder zu Hause angekommen mußte ich aber feststellen…..