Klopapier & Nudeln

Die Versorgungslage scheint schlecht. Wir leben, wie es mein persönlicher Clown, Donald Trump, formulierte, im Krieg. Gegen einen unsichtbaren Feind. Zwischen Verharmlosung und Chaos schwankt derweil nicht nur die Stimmung des Lenkers der Vereinigten Staaten. In Europa wird indessen klar, welche Staaten auf die Schreckensszenarien wie gut oder schlecht vorbereitet sind. Corona nennen wir das Virus, offiziell wird es bei der WHO als neuartige Atemwegserkrankung COVID-19 geführt.

Und genau wie während und nach den Kriegen verschlimmert sich die Versorgungslage von Tag zu Tag. Von Produkt zu Produkt. Unsere Vorfahren ( teilweise noch Eltern und Großeltern) mussten nach den beiden Kriegen sich und ihre Familien durch Hamsterfahrten versuchen durchzubringen. Auf dem „Land“ gab es noch Lebensmittel und andere überlebenswichtige Dinge des Alltags. Tauschgeschäfte – sonst ging nichts.

Es ist erstaunlich, wie im Jahre 2020 die vermeintlich aufgeklärte Bevölkerung in Verhaltensmuster der frühen Menschheitsgeschichte zurückfällt, wenn es um Toilettenpapier geht. Wir alle sind noch immer ein Stück weit Sammler und Jäger. Die Jagdszenenen spielen sich bei Aldi ab. Sammler sind eher bei Lidl anzutreffen. Innerhalb von Minuten sind die 4-lagigen Rollen vergriffen, die erst am frühen Morgen palettenweise (28 Paletten laut Filialeiter) eingetroffen waren. Am zweiten oder dritten Tag der Pandemie um Covid 19 waren dann auch Nudeln und Mehl auf der Liste der gesuchten Artikel zu finden. Man sollte annehmen, dass die Hamster/innen doch recht bald ihre Lagervorräte aufgestockt haben und Normalität Einzug hält. Das tut es auch. Von 7:00 bis etwa 7:27 Uhr. Dann ist wieder alles wie am Vortag. Paier aus, Nudeln aus, Mehl aus, Desinfektionsmittel…………….. . . . . . .

Bei unseren turnusmäßigen Abholungen von Kartoffeln, direkt beim Odelwälder Erzeuger, bekommt man neben den Erdäpfeln auch schon mal einen wertvollen Tipp, wo es was besonders gut oder preiswert in der näheren Umgebung gibt. So fanden wir nur einige Kilometer weiter, in Reichelsheim, eine Mühle. Keine Museumsmühle, nein, eine echte, richtige und vor allem in Betrieb befindliche Mühle. Mit Getreide und Mehl und so…

obwohl noch fast alle Mahlwerke laufen, zeichnen sich auch hier erste Engpässe in der Versorgung mit Getreide ab. Es sind vor allem die etwas seltener gefragten Sorten, die bei den Mühlen auf der Wunschliste stehen.

Ein kleiner Markt für Lebensmittel und ein größerer Markt für landwirtschaftlichen Bedarf, Pferdehalter, Forst, Dings und Reiterbedarf, vom Campinggas bis zur Fischerhose …. schließt sich an. Zu unserer Überraschung waren die in den sonstigen Märkten und Discounter-Läden am ehesten vergriffenen Sorten – wie z.B. Weizen und Roggen- Produkte

Dinkel & Co. fehlten.
Nudel und Müsli

hier noch in ausreichenden Mengen zu erhalten. Leider aber waren, entgegen der telefonischen Auskunft, z.B. die Dinkel-Mehl-Produkte aber restlos abverkauft.

Für kleine und große Gärtner

Dennoch, der Einkaufswagen war gut gefüllt, als wir zur Kasse kamen. Drei- Familien-Einkauf, da läppert sich schon etwas zusammen. Wohltuend die Ruhe, mit der sich hier alles abwickelt. Kein Geschubbse, Gedrängel oder gar Kämpfe um das letzte Paket. Eine andere Kundin gab uns von einer Sorte sogar ein Paket ab, weil sie die letzten Beiden davon genommen hatte. Solidarität. Unaufgefordert und gerne. So geht Odenwald!

Warum ich das hier so grob berichte? Es war der Donnerstag vor 2 Wochen, an dem die Restaurants schließen mussten, die Schulen und Kindergärten bis nach den Oster-Ferien geschlossen bleiben sollten. Alles Schnee von gestern. Eine zeitliche Befristung ist meiner bescheidenen Meinung nach noch lange nicht in Sicht. Ein Wochenende später kam dann das Kontaktverbot für mehr als 2 Menschen.

Zu einer aktuellen Situation einen Beitrag leisten zu wollen, ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Die aktuelle Situation hatte sich derart schnell geändert, dass man doch besser bei den statischen Fakten bleibt:

Fakt ist, dass das Schloß in Reichelsheim, das schon auf dem ersten Foto des Beitrages zu sehen ist, ein Publikumsmagnet ist, wenn nicht gerade eine Pandemie das Land blockiert. Zum Zeitpunkt unseres Besuches war das Schloß geschlossen. Ein paar Handwerker und Gärtner hatten offenbar noch Dringliches zu erledigen, bevor auch hier der Shutdown für totale Ruhe sorgen wird.

Schloß Reichenberg – 100 Meter über Reichelsheim

Wikipedia gibt dazu umfassend Auskunft

Der Odenwald

Haltet durch und bleibt gesund.

Der Hengstbach: von der Winkelsmühle zur Theisenmühle

Karl der Große hatte den Reichsbannforst Dreieich in sein Herz geschlossen. Das Tal des Hengstbaches zählte zu seinen liebsten Jagdrevieren. Deshalb lies er im “Forestis Dreieich, exakt im heutigen Dreieichenhain ein Jagdhäuschen errichten. Das spätere Schloß –heute Burgruine in Hayn. Seit der Karl hier mit seiner Jagdgesellschaft herumdüste, hat sich einiges verändert.
Vor etlichen Monaten schon sind wir wieder einmal auf einen „alten Schinken in Essig und Öl“ gestoßen. Anfang des letzten Jahrhunderts muß es wohl gewesen sein, daß einer der Vorfahren meiner besseren Hälfte zum Pinsel griff, um eine kleine Idylle am Hengstbach, nämlich die Theisenmühle im Bild festzuhalten. Das machte man damals so, weil es noch keine Digitalfotografie gab. So sah es also dort aus, als noch Korn zu Mehl gemahlen wurde.
Wasserkraft trieb die große Mühle an.
Mit einem weiteren Zeitsprung in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts kann ich persönliche Eindrücke einfliessen lassen. Ich war als Kind recht gerne auf einem Bauernhof in der Nachbarschaft zu Gast. Dort gabe es den Bauern „Lui“ und seine „Käddel“. Viel wichtiger, als sein Weib, war jedoch der Hans! Hans war der Ackergaul vom Lui und man sagte im nach, daß er intelligenter als der Bauer selbst gewesen sei. Die Befehle von Lui klangen allesamt wie „hoihu“ oder „huaa“. Hans interpretierte sie allesamt richtig und verrichtete brav seine Arbeit. Ja, und ich saß oft oben drauf. Auf dem Hans. Stolz wie Oskar. Und so führte uns auch ab und zu der Weg in die Theisenmühle, um das gedroschene Korn abzuliefern. Das war für einen Steppke ohne Nintendo und Internetzugang ganz schön aufregend. Wenn der Müller – so hieß er denn auch praktischer Weise – den großen Knüppel umlegte, kam Leben in die dunkle Bude. Es knarrte überall und das Holz jammerte unter dem Druck des Wassers und dem Gegendruck der schweren Mühlsteine. Staubig war es. Weiß die bestimmende Farbe. Die Wasserkraft trieb auch den „Kran“ an, mit dessen Hilfe die Säcke mit dem Getreide in den oberen Bereich der Mühle gehieft wurden, wo sie dann später in einen großen Behälter über dem Mahlwerk eingefüllt wurden.
Das alles ist Vergangenheit. Heute sieht die mehrfach veränderte Theisenmühle so aus:
Es ist keine Mühle mehr. Es ist auch kein Cafe und schon gar kein Ausflugslokal oder Restaurant mehr; was in den letzten 30 Jahren alles verändert wurde, ist heute durch komplette Neubebauung wie weggefegt – aber nicht aus dem Gedächtnis.

Heute erinnert nur noch ein Mühlrad an die ehemalige Mühle.
Der Mühlteich wird vom Hengstbach gespeist und versorgt auch heute noch das hölzerne Rad mit dem nötigen Wasser für die dekorative Drehung.
Die jetzige Bebauung, mit echtem Fachwerk (siehe Kommentar von Dr. Detlef Sander) , erinnert auch noch an die Ursprünge der ursprünglichen Mühle und das Haus von etlichen Generationen der Familie Müller.
Bei den Aufnahmen zur Gegenüberstellung von Theisenmühle -einst und jetzt- kam mir die Idee den besagten Bachlauf, der ja ursächlich für die Mühle war, doch etwas näher unter die Lupe zu nehmen.
Der Hengstbach:
Mein erster Spaziergang entlang des Hengstbaches führte mich von Dreieichenhain, Winkelmühle zum ursprünglichen Ausgangspunkt, der Theisenmühle. Dem natürlichen Gefälle des Baches folgend.
Am Start an der Winkelsmühle begegnet man altehrwürdigen Mauern, die in moderne Bebauung integriert sind.
Eine wirklich schöne Alternative, um die alten Gebäude zumindest teilweise zu erhalten. Die „Fischerklause“ ist baulich gesehen ein echtes Original. (Da muß ich auch mal hin) Fast hat man den Eindruck, daß man durch das Dachgeschoß eintritt.
Nebenan gibt es einen Seniorentreff und parallel dazu ist die Diakonie untergebracht.
Mittig ist das ursprüngliche Mauerwerk der Winkelsmühle – sogar noch mit dem Mühlenzufluß (aus dem Hengstbach abgezweigt) gut erhalten und saniert zu sehen.
Auch die Winkelsmühle wurde aus einem eigenen Mühlteich
konstant mit Wasserkraft versorgt. Das Wasser wiederum – wie schon bei der Theisenmühle – dem wurde dem Hengstbach entnommen und später, wenn es seine Arbeit verrichtet hatte, wieder zugeführt.
Auf dem Hans-Pfrommer-Weg geht es dem Hengstbach entlang Richtung Theisenmühle, die fast die Stadtgrenze von Ortsteil Sprendlingen markiert.


Vorbei an einem ehemaligen Bauerhof, der jetzt als Pferdekoppel genutzt wird.

Die letzten beiden Tage habe dem Frühling etwas auf die Sprünge geholfen. Im Tal, was sich der Bach über Jahre geformt hat ( Seit der Zeit vom großen Karl sind es schon ein paar Jährchen ) stehen die Trauerweiden in einem vorsichtigen Grün umher

und auch die sonsitge Vegetation drängt mit Macht der Sonne entgegen.

Die einfassenden Hügel sind die letzten Ausläufer (oder die ersten – kommt drauf an, von welcher Seite man kommt) der Odenwaldes. Ein gut ausgebauter, aber naturbelassener Weg ( die Stadt hat kein Geld, deshalb nennt man es naturbelassen) führt direkt am Bach entlang.

Eine Brücke hier, eine kleine Staustufe da.


Die Natur sorgt für Abwechslung und die freundlichen Leute, denen man begegnet, tun es auch.

Nach ein paar hundert Meter verschwindet der Hengstbach allerdings hinter Zäunen, um dann schließlich nach einer Brücke ganz aus dem Blickfeld der Fußfahrer und Radgänger. Erst nach der angrenzenden Siedlung kann man sich wieder zum Bachlauf vorarbeiten. Der sinnvollste, wenn gleich auch nicht der tollste Platz ist da wohl die Brücke der A 661.

Unter dieser Brücke nämlich kommt der Bach wieder aus einem nahezu undurchdringlichen moorastigen Dickicht an den Weg.


Wir folgen ihn, ohne die Schulkids zu beachten, die hier offenbar ihre Freistunden verbringen. Die Schmierereien an Stützen, Säulen und Wänden geben Aufschluß über die jeweilige Stimmungslage und wie die letzte Mathearbeit ausgefallen ist.

Es geht stark auf die Theisenmühle zu. Der Bach bekommt hier einen Byepas, um das Wasser für den Teich zu entnehmen. Verschiedene Wehre und Staubecken sollen Schmutz und Schlamm abfiltern, bevor der Mühlteich erreicht wird.


Sally hat es geprüft, das mit dem Schlamm stimmt!
Und so kamen wir zu unserm ersten Anlaufpunkt wieder zurück, der Theisenmühle im Tal des Hengstbaches.

Fortsetzung folgt -vielleicht.
alle Bilder zum Vergrößern: (klicken Sie auf das Foto – mehrfach)